Broschüre Landtagswahl 2011 in Baden Württemberg

Landespolitische Forderungen der DKP Baden-Württemberg zur Landtagswahl 2011 Download als PDF

Landespolitische Forderungen der DKP Baden-Württemberg Beschluss der Bezirks-MV vom 26.6.2010

1. DIE DKP
In einer Gesellschaft, die von Klassengegensätzengeprägt ist, in der einige immer reicherund viele immer ärmer werden, gibt eskeine Politik und keine Parteien, die über denKlassen und ihren gegensätzlichen Interessen stehen.
Die DKP steht auf der Seite derLohn- und Gehaltsempfänger, der Arbeitslosen,der Lernenden und Studierenden, derRentner, der Ausgegrenzten und Unterdrückten.Unser Ziel ist es, „alle Verhältnisse umzuwerfen,in denen der Mensch ein erniedrigtes,ein geknechtetes, ein verlassenes, einverächtliches Wesen ist.“ (Karl Marx)
Wenn wir die Forderungen in diesem Papierdurchsetzen wollen, dann müssen wir unsmit dem Großkapital, mit den Banken und Konzernen, die in diesem Land die Politik bestimmen,anlegen. Für politischen und sozialenFortschritt, für eine Veränderung des Kräfteverhältnisses braucht es vor allem betrieblicheund außerparlamentarische Kämpfe, braucht es breite Widerstandsbündnisse und –aktionen. Als Kommunisten sehen wir dabei die Arbeiterklasse und insbesondere die Belegschaften in den Großbetrieben als die wichtigste Kraft an. Ohne eine bewusste und kämpferische Arbeiterklasse gibt es keinen dauerhaften politischen Fortschritt, werdene einmal errungene Erfolge wieder zurückgerollt,kann kein Weg zum Sozialismus, zu einer Gesellschaft, in der nicht alle Lebensbereiche der Profitgier des Kapitals unterworfen sind, erkämpft werden.Die DKP  setzt ihre Kraft und Möglichkeitenvor allem dazu ein, Aktionen, Kämpfe und breite Bündnisse gegen Arbeitsplatzvernichtung, Sozialkahlschlag, Demokratieabbau und  Militarisierung zu initiieren und zu unterstützen. Wir gehen dabei von den Interessen der  arbeitenden Menschen aus, stellen in Bündnissen und Aktionen das Gemeinsame in den  Mittelpunkt, verbinden Tagesforderungen mit dem langfristigen sozialistischen Ziel, handeln und verstehen uns als Internationalisten.

2. ARBEIT
Arbeit ist für uns mehr als „Jobs, Jobs, Jobs“.  Das Recht auf Arbeit und  der Schutz vor Arbeitslosigkeit  sind Menschenrechte, die in  der UNO-Menschenrechts-Charta verankert sind.
Arbeit muss für die Beschäftigten befriedigend  und erfüllend sein und so entlohnt werden,  dass die Menschen von ihrer Arbeit würdig  leben und ihre Zukunft gestalten können.

Hunderttausende Menschen ohne Arbeitsplatz  in Baden-Württemberg – das ist eine
menschliche Katastrophe, eine Bankrotterklärung  für die Politik der Landesregierung  und die kapitalistische Art des Wirtschaftens.  Dazu werden immer mehr Menschen in prekäre,
demütigende Arbeitsverhältnisse gezwungen,  in „Jobs“ mit Niedrigst- und Hungerlöhnen
gepresst und an den Rand der  Gesellschaft abgedrängt.
Wir unterstützen  die Kämpfe der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften  im Handel, im Öffentlichen  Dienst, in der Metallindustrie und in vielen  anderen Bereichen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.  Der Ausverkauf landeseigener  und kommunaler Einrichtungen muss gestoppt,  Privatisierungen müssen rückgängig  gemacht und ein landesweites   Arbeitsplatzprogramm  aufgelegt werden. Das müsste  auch beinhalten, die Unterversorgung in vielen  Bereichen der Öffentlichen Daseinsvorsorge  (Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen  …) zu beheben und die dort Beschäftigten  besser zu bezahlen.  Wir unterstützen eine Politik, die Massenkaufkraft  anhebt; die Landesregierung muss  gezwungen werden sich für einen Mindestlohn  von 10.- € einzusetzen. Die Arbeitszeitverlängerung  im Öffentlichen Dienst muss  zurückgenommen werden. Wir treten ein für  Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und  Personalausgleich. Wir wehren uns gegen 1- €- und Billigjobs und gegen Arbeitszwang.
Baden-Württemberg ist geprägt vom Maschinenbau,  der Automobil- und Zulieferindustrie, und damit auch besonders betroffen von der  Krise dieser Industriezweige. Wir unterstützen  den Kampf der Belegschaften gegen  Arbeitsplatzvernichtung. Gleichzeitig müssen Alternativen erarbeitet und durchgesetzt werden gegen den Vorrang des Individualverkehrs vor öffentlichen Massenverkehrsmitteln. Das geht nur gegen die Interessen des Großen Kapitals im Automobil- und Zulieferersektor, die nur am kurzfristigen Profit interessiertsind,  jedoch die gesellschaftlichen und ökologischen Folgen ihrer Autopolitik ignorieren. Dies bedingt eine Diskussion über Konversion in der Autoindustrie, aber auch über die Frage: Wie soll die Mobilität in unserem Land organisiert sein? Der Schienenverkehr, vor allem der Zug-Nahverkehr, muss gefördert und ausgebaut werden, nicht jedoch der Individualverkehr durch den Bau immer neuer Straßen. Großprojekte wie„Stuttgart 21“ führen dazu, dass das Geld dafür fehlt. Unter anderem deshalb lehnen wir„Stuttgart 21“ ab. „Stuttgart 21“ ist nicht nur eine Angelegenheit der Landeshauptstadt, sondern von ganz Baden-Württemberg; damit werden Mittel gebunden, die beispielsweise für die Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm, Friedrichshafen und Lindau und den Ausbau der Gäubahn Richtung Süden notwendig wären. Statt „Stuttgart 21“ wäre insbesondere der Ausbau der Strecke Mannheim-Frankfurt und der Rheinschiene zwischen Karlsruhe und Basel notwendig.

3. AUSBILDUNG
Jeder Jugendliche hat das Recht auf einen qualifizierten Ausbildungsplatz. Dieses Recht wird seit Jahren auch in Baden-Württemberg mit Füßen getreten. Das so genannte „Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung in Baden-Württemberg“ dient nur zur Verschleierung der Ausbildungsverweigerung der Unternehmer. Wir brauchen endlich eine Ausbildungsplatzabgabe. Wer nicht ausbildet muss zahlen! Der öffentliche Dienst muss in Sachen Ausbildungsplätze beispielhaft vorangehen. Notwendig ist aber auch, dass alle Auszubildenden im erlernten Beruf übernommen undentsprechend dem jeweils gültigen Tarifvertrag eingruppiert und entlohnt werden.
4 .WOHNEN
In Baden-Württemberg wachsen die Villen der Reichen und die Wohnungsnot der wenigerBegüterten.
Während die einen sich in ihrer Drittwohnung sonnen, haben andere nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Während es für Eigentümer noch staatliche Zuschüsse gibt, werden bezahlbare Mietwohnungen verknappt. In den großen Städten wächst die Zahl der Wohnungslosen und derjenigen, die in unmenschlichen Wohnverhältnissen leben. Aus dem Recht jedes Menschen auf eine gute Wohnung macht der Kapitalismus den Wohnungsmarkt, auf dem der Profit der Wohnungsbesitzer und Spekulanten im Vordergrund steht.
Wir fordern, dass das Wohnungswesen zu einer erstrangigen staatlichen Aufgabe werden muss, die die Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund stellt. In Baden-Württemberg muss ein großzügiges Programm für sozialen Wohnungsbau her. Die Spekulation mit Wohnraum muss unter Strafe gestellt werden.

5.GESUNDHEIT
Gegen eine Politik, die Gesundheit als Ware betrachtet, öffentliche Gesundheitseinrichtungen privatisiert und die Beschäftigten im Gesundheitswesen zu „Sparschweinen“ degradiert, muss Widerstand
organisiert werden.

Der Anspruch auf eine optimale und wohnortnahe Gesundheitsversorgung aller Menschen ist zu garantieren. Konzerne, die ihren Profit über die Gesundheit der Menschen stellen,  sind zu enteignen.

6.FRAUEN
Die Folgen der kapitalistischen Krise bekommen Frauen als erste zu spüren.
Es sind Frauen, die als erste gefeuert werden, weil sie als Leiharbeiterinnen oder in befristeten Jobs arbeiten müssen. Es sind Frauen, die einen Großteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor stellen. Gleichzeitig werden sie als unbezahlte Hilfskräfte für die sozialen Aufgaben eingespannt, die der kapitalistische Staat „wegspart“: In der Kranken-, Alten-  und Kinderversorgung, bei Erziehung und Bildung. Wir brauchen höhere Löhne in den „typischen Frauenberufen“. Billigjobs und Leiharbeitsplätze müssen in unbefristete, tariflich geregelte Arbeitsplätze umgewandelt werden. Durch kostenlose Kitas und Ganztagesschulen muss sicher gestellt werden, dass Frauen nicht aus dem Beruf  aussteigen müssen. Die Einkommensdiskriminierung von Frauen muss endlich beendet  werden.

7. BILDUNG
Bildungspolitik in Baden-Württemberg ist gekennzeichnet durch den Rotstift und eine Orientierung auf Privatisierung und Elitebildung.
Das vielgliedrige Schulsystem mit seiner frühen Auslese der Schüler, das in Baden-Württemberg immer weiter ausdifferenziert wird, verweigert Bildungschancen für Arbeiter- und Migrantenkinder.  Das Bildungswesen wird in eine Profitquelle für kapitalkräftige Konzerne verwandelt. Forschung und Lehre werden den Interessen des Großkapitals unterstellt. Schüler und Studierende werden darauf gedrillt, sich gegenseitig als  Konkurrenten zu betrachten und sich als „Humankapital“ zu vermarkten. Wir treten für  Bildung statt „Abrichtung“ auf die Bedürfnisse des Kapitals ein. Wir sind für das Recht auf  Bildung, unabhängig von sozialer Herkunft und Nationalität. Regelschule muss eine  demokratische Gesamtschule als Ganztagsschule sein, die Kinder und Jugendliche zu  selbständig denkenden Menschen erzieht, eine Schule für alle. Dazu braucht es vor allem  kleine Klassen, gut ausgebildete LehrerInnen und entsprechende finanzielle Ausstattung. Wir fordern frühe Bildung und Förderung in kostenlosen Kindergärten und Horten. Mit dem Begriff  Kinderland Baden-Württemberg“ erweckt die Landesregierung den Eindruck, das Land sei kinderfreundlich. In Wirklichkeit verschlechtern sich die Lebensbedingungen vieler Kinder, Jugendlicher und deren Eltern. Kinder zu haben bedeutet im reichen Land Baden-Württemberg ein erhöhtes Armutsrisiko. Studiengebühren an den Hochschulen verschärfen die soziale Selektion und müssen daher verboten werden. Durch die Wiedereinführung der verfassten Studierendenschaften muss die Mitbestimmung  gesichert, und in eine demokratische Kontrolle der Hochschulen weiterentwickelt werden. Die Militarisierung der Bildungseinrichtungen muss gestoppt werden. Die Bundeswehr hat nichts im Klassenzimmer und nichts bei der Lehrerausbildung verloren. Das Kooperationsabkommen, das Kultusminister Rau am 4.12.2009 mit der Bundeswehr  geschlossen hat, muss sofort gekündigt werden.

8. DEMOKRATIE
Demokratie ist mehr als alle paar Jahre ein Kreuzchen zu machen. Demokratie muss auch hinter den Betriebstoren den Herr-im-Hause-Standpunkt überwinden. Die Schikanierung von Betriebsräten bis hin zu Kündigungen aus vorgeschobenen Gründen muss gestoppt werden. Die undemokratische 5%- Klausel bei Landtagswahlen muss abgeschafft werden. Wir brauchen mehr Elemente direkter Demokratie. Wir unterstützen die Kampagne „Mehr Demokratie in Baden-Württemberg“.
Die Berufsverbotspolitik, die in den letzten Jahren in Baden-Württemberg wieder praktiziert wurde, muss vom Tisch. Die Opfer der Berufsverbote müssen rehabilitiert und entschädigt werden. Wir fordern das Wahlrecht für alle Menschen, die in Baden-Württemberg ihren Lebensmittelpunkt haben. Das geplante neue Versammlungsgesetz gefährdet die Wahrnehmung wichtiger demokratischer Grundrechte. Dagegen braucht es weiter breiten demokratischen Widerstand. Wir sind für ein Versammlungsrecht, das zu öffentlicher Meinungsäußerung und demokratischem Widerstand ermutigt, und diese nicht stranguliert.

9. MILITARISMUS
Baden-Württemberg muss entmilitarisiert werden.
Das Kommando Spezialkräfte in Calw, die Speerspitze einer Bundeswehr, die nicht mehr für Landesverteidigung sondern
für weltweite Interventionen zuständig ist, muss abgezogen und aufgelöst werden. Die Bevölkerung muss wissen, was diese geheime Spionage- und Killer-Truppe treibt. Wir wollen keine Hauptquartiere für weltweite Kriegsführung wie Eucom und Africom in Baden- Württemberg. Wir brauchen Konversionsprogramme für die Rüstungsindustrie  und eine Sondersteuer für Rüstungsprofite. Rüstungsforschung hat an den Hochschulen  des Landes nichts verloren und muss verboten werden. In entsprechenden Zivilklauseln  ist dieses Verbot zu verankern, den Studieren und Beschäftigten sind dabei wirksame  Kontrollrechte einzuräumen. Die Strukturen einer Geheimarmee (zivil-militärische  Zusammenarbeit) für den Einsatz im Inneren, wie sie überall in Städten und Landkreisen  eingerichtet wurden, sind unverzüglich aufzulösen und offen zu legen. Das  Gesundheitswesen darf nicht für militärische Interessen missbraucht werden. Die  Militarisierung des öffentlichen Raumes durch öffentliche Gelöbnisse und Werbeveranstaltungen für die Bundeswehr muss gestoppt werden. Wir fordern die  Stilllegung der NATO-Pipeline, die quer durch Baden-Württemberg verläuft.

10. ANTIFASCHISMUS
Die historische Erfahrung lehrt uns: Faschismus ist das brutalste Kampfmittel der herrschenden gegen die Arbeiterbewegung. Er richtet sich darüber hinaus gegen alle demokratischen und fortschrittlichen Bewegungen. Gegen alle faschistischen Tendenzen und Gruppierungen muss daher gemeinsam Widerstand geleistet werden. Heute fungieren faschistische Parteien und Gruppen als Stichwortgeber für reaktionäre Politik, als Sammlungsbewegung für Unzufriedene und Verlierer im kapitalistischen System, als Einschüchterungspotential gegen fortschrittliche Bewegungen, als „Alternative“ für den  Fall, dass die kapitalistische Herrschaft in Gefahr gerät. Wir sind für ein Verbot und die  Auflösung aller Neo-Naziorganisationen nach Artikel 139 des Grundgesetzes. Öffentliche Auftritte von Neofaschisten müssen verboten und konsequent unterbunden werden. Antisemitismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit müssen bekämpft werden. Der Stimmungsmache gegen Muslime im Zuge einer geschürten Terrorismushysterie muss entgegengetreten werden. Wir halten daran festdass alle Menschen, die hier leben, auch gleiche Rechte haben sollen. Die Abschiebungspolitik
– aktuell gegen Sinti und Roma – muss gestoppt werden. Das Recht auf Asyl ist allen zu  gewähren, die es benötigen. Die Verharmlosung des Faschismus muss bekämpft werden:  Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Die Totalitarismusdoktrin, die  „rechts“ und „links“, Opfer und Täter gleichsetzt, lehnen wir ab.

11. ENERGIE UND WASSER
Die Energie- und Wasserversorgung gehört in öffentliche Hand und darf nicht den Profitinteressen der Konzerne überlassen werden. Der Preistreiberei der Energiekonzerne muss ein Riegel vorgeschoben werden. Die Koppelung von Öl- und Gaspreis muss abgeschafft werden. Die Atomkraftwerke in Baden-Württemberg sind als Sicherheitsrisiko unverzüglich still zu legen. Wir brauchen ein landesweites Programm zur Förderung regenerativer Energien. Wir unterstützen alle Initiativen, die sich das Ziel gesetzt haben, die Wasserund/ oder Energieversorgung zu rekommunalisierenund wieder eigene Stadtwerke zu gründen.

12. FINANZIERUNG
Geld ist genug da! Es ist nur in den falschen Händen. Die großen Konzerne machen gigantische Profite und bilden riesige Kriegskassen für weltweite Übernahmeschlachten.
Diese Profite müssen für soziale Aufgaben und die Schaffung von Arbeitsplätzen eingesetzt
werden. Statt Sozialprogramme zu kürzen und die „kleinen Leute“ mit höheren Gebühren, Abgaben und Steuern zu belasten, muss das Geld dort geholt werden, wo es ist: Bei den Konzernen und Banken, bei den Reichen. Eine Millionärsteuer muss her und die Vermögensteuer muss wieder eingeführt werden.

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