Neue Ausgabe der Roten Spritze – Ab Juli: Mehr Geld für die Pflege im Klinikum

Wir veröffentlichen hier in Auszügen die Rote Spritze aus dem Juli 2022 – Information des Branchenaktivs Gesundheitswesen der DKP-Stuttgart. Die vollständige Ausgabe gibt es als PDF.

Das sieht nach einem schönen Erfolg aus

Ende letzten Jahres wurden auf Initiative der ver.di­ Betriebsgruppe des Klinikums über 1800 Unterschrif­ten gesammelt: Jede Pflegekraft sollte demnach eine Arbeitsmarktzulage von 500,­ € im Monat erhalten. Ziel war, hier einen schnellen Erfolg zu erzielen, weil die Finanzierung hierfür Sache der Krankenkassen ist, aber dann weiterzumachen auch für die Entlastung anderer Bereiche.

Es folgten einige betriebliche und öffentli­che Aktionen, u.a. auch im Rathaus beim Verwaltungsaus­schuss des Gemeinderats. (Eigentlich ist, seit das Klinikum in eine kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts um­gewandelt wurde, nur noch der Verwaltungsrat der Anstalt zuständig fürs Klinikum. Da aber die Vertreter/Innen von Die FrAKTION und PULS den Antrag gestellt hatten, dass im Falle einer Nicht­-Finanzierung dieser Zulagen durch die Krankenkassen, die Stadt Stuttgart die Ausfallbürgschaft übernimmt, konnte die Forderung auch direkt im Rathaus lautstark vorgebracht werden). Und dann wurde die Arbeitsmarktzu­lage beschlossen, leider nur so, wie es der Geschäftsführung passt, wie es der Ver­waltungsrat der Anstalt Klinikum will und schon seit länge­rem praktiziert.

Aber es gibt gewichtige Kritikpunkte an den jetzt gewährten Zulagen

Arbeitsmarktzulage

Schon bislang hat die Anstalt Klinikum Stuttgart Zulagen für genau die Bereiche bezahlt, für die neues Personal schwierig zu finden ist und das bestehende Personal im Betrieb gehalten werden soll, so z.B. in der Intensivpflege und OP. Genau das setzt sich nun fort. Fein austariert erhalten die Kolleginnen und Kolle­gen – je nach Arbeitgebernotwendig­keit – zwischen 50% und 160% Zulage. (Diese berechnet sich aus dem durchschnittli­chen Höherstufungsgewinn einer Stufe in der jeweiligen Entgeltgruppe.)
Klar dabei: Küche, Reinigung, Steri, alle ehemaligen Arbeiter/Innen­Bereiche und die Verwaltung gehen leer aus. Die Ärzt/Innen übrigens auch. Die Anstaltslei­tung signalisiert dabei, dass es ihnen herzlich egal ist, was die Beschäftigten fordern, sondern dass sie frei dar­über entscheidet, wem sie mehr zahlt und wem nicht. Wem nun von Anstalts ­Gnaden wie viel in Euro gewährt wird, das könnt ihr selbst bei eurer Lohnabrechnung im Juli nachsehen.

Spaltung

In den Unikliniken Nordrhein­Westfalens wird seit Wo­chen für einen Entlastungstarifvertrag gestreikt. Als die Arbeitgeber Zugeständnisse für allein die Pflege angebo­ten haben, ohne dass sich für die ande­ren Bereiche etwas bessert, wurde das von den Kolleg/Innen scharf zurückge­wiesen und auch als das bezeichnet, was es ist: der Versuch, die Beleg­schaft zu spalten. Im Klinikum kann sich die Arbeitgeberseite da zurückleh­nen. Hier sorgte ver.di selbst für diese Spaltung, denn die ehemaligen Arbeiterbereiche kamen in der 500 € – For­derung einfach gar nicht vor.

Zulage – aber wie lange?

In der Veröffentlichung des Verwaltungsrates, der mit „Wertschätzung und Stärkung der Pflege“ überschrieben ist, steht: „ Die Zulagen sollen bis zu den tarifvertraglichen Erhöhungen (…) gelten.“ Das bedeutet, dass eine Erhö­hung in der kommenden Tarifrunde mit den jetzt ge­währten Zulagen verrechnet werden soll.

Maßstäbe für die anstehende Tarifrunde

Gerade eben, wo es um die Arbeitsmarktzulage von 500 € ging, verschanzten sich die Krankenhausgeschäftsfüh­rungen hinter dem Argument, es sei doch quasi die Schuld der ver.di, dass sie nicht höhere Löhne erkämpft habe. Zum Schaden kommt der Hohn. Der Geschäftsfüh­rer des Diakonissen­-Krankenhauses forderte die Gewerk­schaft polemisch auf, bei den nächsten Tarifverhand­lungen den Gehaltsaufschlag für die Beschäftigten aller Krankenhäuser zu erkämpfen. Das sind aber die Gleichen, die im Chor mit regierenden Politikern jeder Ebene und Couleur ein Riesengeschrei erheben werden, wenn wir das auch tatsächlich tun. Sie werden über die Krise jammern, über Corona, über die Gaspreise, den Ukraine­-Krieg. Sie werden die „Lohn-­Preis­-Spirale“ an die Wand malen und wieder uns die Schuld für alles in die Schuhe schieben wollen, wenn wir nicht verzichten.

Sie predigen öffentlich Wasser und trinken heimlich Wein

Die ganz große SPD/Grüne/FDP/CDU/CSU ­Koalition ist schon dabei, das Volk zu verdummen und auf sozia­le Einschnitte (in der Nachkriegsgeschichte nicht ge­kannten Ausmaßes) einzuschwören. Sogar einen Inflationsausgleich schließen sie kategorisch aus. Opfer bringen ist an­gesagt. Natürlich nicht von Banken und Kon­zernen und der Rüs­tungsindustrie, deren Gewinne sich überschlagen. Die Sparschweine der Nation sollen mal wieder wir sein. Am 31. Dezember läuft unser Tarifvertrag aus. Bereits jetzt im Herbst wer­ den die Forderungen aufgestellt. Erstmals (warn-)­streikten bereits die Kolleg/Innen der Helios­-Kliniken in Niedersachsen. Ihre Forderung:

  • eine Lohnerhöhung von 15%
  • 200 € mehr für Azubis
  • Eine einheitliche Jahressonderzahlung in Höhe eines
    Monatslohns
  • sowie eine Corona-­Prämie in Höhe von 1.500 € und das alles bei einer Laufzeit von 12 Monaten.

Auf den ersten Blick scheint das viel zu sein, aber genau betrachtet ist sogar das noch bescheiden.

Inflationsausgleich reicht nicht

Um es gleich zu sagen: Ein Inflationsausgleich wird nicht reichen. Die krasse Unterbezahlung, die viel zu Personalnotstand und „Flucht aus den Gesundheitsberufen“ beigetragen hat, war schon vor der Inflation da. Sie muss beseitigt werden. Es gibt großen Nachholbedarf. Kanzler Scholz träumt schon vom nächsten Beschiss. Er will uns mit einmaligen Son­derzahlungen abspeisen, die nicht in die Tariftabelle einfließen und deshalb auch im Sockel für künftige Tarif­bewegungen fehlen. Das muss aber unsere For­derung sein. Statt Almosen, die jederzeit wieder kassiert oder angerechnet werden können, brauchen wir eine drastische Erhöhung, die in die Gehaltstabelle einfließt und an künftigen Tariferhö­hungen teilnimmt. Und die Laufzeit des Tarifvertrages muss so sein, dass wir auf inflationäre Geldentwertung jederzeit reagieren können.

Glaubt nicht ihren falschen Phrasen

Sie predigen öffentlich Wasser und trinken heimlich Wein. Sie haben Deutschland seit Jahren zum Billiglohnland ge­macht und lügen uns vor, wenn wir das nun nicht mehr länger dulden wollen, wären wir die Inflationsverursacher. Sie haben schon vor dem Ukraine­-Krieg die Gaspreise gepuscht und dies mit Ihren Sanktionen weiter verschärft. Sie verdienen sich dumm und dämlich, aber wir sollen frieren und kalt duschen und dafür noch mehr draufzah­len. Bundes­ und Landesregierungen sponsern Banken und
Konzerne. Das Perfide dabei ist, der Staat hat Schulden, Banken und Konzerne schwimmen im Geld und verlan­gen immer noch mehr … Von ihnen leiht sich der Staat das Geld, das er ihnen auf tausend Wegen und Umwe­gen wieder zukommen lässt. Die Schulden wachsen – zahlen sollen wir. Dieses System nennt man Staatsmono­polistischen Kapitalismus. Dieses System muss weg.

100 Milliarden Sondervermögen für die Gesundheit!

Sie haben es uns vorgemacht. Wenn es um ihre Groß­macht­ und Profitinteressen geht, ist die „Schuldenbrem­se“ kein Argument. Da nennt man neue Schulden einfach Sondervermögen und gibt das Geld mit vollen Händen aus.

  • Statt für Rüstung und Tod brauchen wir ausreichend Geld für mehr und bessere Krankenhäuser.
  • Weg mit dem Fallpauschalen (DRG)­System, das die Krankenhäuser ruiniert.
  • Volle Vergütung der Krankenhauskosten nach tatsäch­lichem Bedarf.
  • Höhere Bezahlung der Beschäftigten
  • Rücknahme der Patienten­Zuzahlungen
  • Mehr Personal und vieles mehr.

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